Wieso bestellt die SPÖ ausgerechnet eine ÖBB-Managerin?
Eine bemerkenswerte Personalrochade im Aufsichtsrat der WIPUR (Wirtschaftsbetriebe der Stadt Purkersdorf GmbH), die in der letzten Sitzung des Purkersdorfer Gemeinderates am 22. Juni 21 einstimmig beschlossen wurde, wirft aktuell zahlreiche Fragen auf. Anstelle von Gemeinderat Dipl. Ing. Bernd Wiltschek wurde nämlich von der SPÖ Frau Mag. Gabriele Lutter für den achtköpfigen Aufsichtsrat nominiert. Frau Mag. Lutter - so viel vorweg - ist fachlich zweifellos bestens für die Funktion qualifiziert. Die studierte Betriebswirtin begann ihre Berufslaufbahn bei den ÖBB, wechselte danach ins Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr, wurde 2007 Vorstandsdirektorin der ÖBB-Personenverkehrs AG und danach für mehrere Jahre Geschäftsführerin der ASFINAG. Aktuell ist Frau Mag. Lutter auch Generalsekretärin der "Österreichischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft". Ihr überraschendes Mandat im WIPUR-Aufsichtsrat ist nun natürlich deshalb äußerst auffällig, weil Purkersdorf mit den ÖBB zur Nachnutzung des riesigen Bahnhofareals Unter-Purkersdorf in laufenden, komplexen Verhandlungen steht, die ohnehin völlig intransparent erfolgen. Bürgermeister Ing. Steinbichler hat schon vor Monaten von konkreten Plänen für ein neues „Stadtquartier“ fabuliert und informiert seither zum Fortgang der Verhandlungen mit den ÖBB die Öffentlichkeit und den Gemeinderat nicht über den Fortgang dieser Verhandlungen. Aus dem Gemeinderat war zuletzt kryptisch zu hören, dass von den ÖBB „verschiedene Varianten“ erarbeitet würden, wonach eine „Rückkopplung mit der Gemeinde“ – also mit Herrn Bürgermeister– erfolgen würde. Dass die überwiegenden Interessen der Purkersdorfer Bevölkerung zur Nachnutzung des weitläufigen Bahnhofareals mit jenen des Bürgermeisters und der ÖBB – da wird offenbar üblich massive Verbauung präferiert – kaum in Einklang zu bringen sein wird, ist jedenfalls bekannt und kaum verwunderlich. Dass sich beim Stand dieser Dinge die Purkersdorfer SPÖ just eine ÖBB-Managerin als WIPUR-Aufsichtsrätin hat einfallen lassen, ist allerdings sehr wohl verwunderlich, - ihre Purkersdorfer Wohnadresse wird dabei wohl nicht ausschlaggebend gewesen sein. Mag. Lutter wird nunmehr einerseits auf Purkersdorfer Interessen in ihrer WIPUR-Funktion Bedacht haben müssen, andererseits aber auch als Managerin der ÖBB nur schwerlich Interessen ihres Arbeitsgebers völlig außer Acht lassen können. Jedenfalls wären Interessenkonflikte aus dieser Doppelfunktion nicht ausgeschlossen, die vorweg eigentlich nicht unbemerkt geblieben sein können. Insgesamt entsteht jedenfalls der diffuse Eindruck einer eindeutigen Unterstützung der ÖBB-Interessen von Seiten der SPÖ-Purkersdorf, für die keinerlei Begründung ersichtlich wäre.
Völlig ungeklärt ist ferner, warum der SPÖ-Aufsichtsrat Dipl. Ing. Bernd Wiltschek seine Funktion zur Verfügung gestellt hat. Gemeinderat Dipl. Ing. Wiltschek ist beruflich Leiter des Unternehmensbereiches Schulen bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und hat zweifellos enorme Expertise in Schulraumfragen, die Purkersdorf seit jeher beschäftigt haben und ganz sicher auch in Zukunft beschäftigen werden. (Immerhin wurde die WIPUR 1999 nicht zuletzt deshalb gegründet, um die Errichtung, Finanzierung und Vertragsgestaltung des Projektes „Neubau AHS Purkersdorf“ besser bewirtschaften zu können.) Möglicherweise erklärt sich die aktuelle Bestellung von Mag. Lutter nunmehr dadurch, dass für die Errichtung Finanzierung und Vertragsgestaltung des Projektes Bahnhofsareal Unter-Purkersdorf eine ÖBB-Expertin im WIPUR-Aufsichtsrat dienlicher sein könnte.
Zuletzt ist auch nicht bekannt, ob Herr Dipl. Ing. Wiltchek sein Aufsichtsmandat aus rein persönlichen Gründen zurückgelegt hat oder aber – so etwas ist in politischen Fraktionen keineswegs ausgeschlossen – aus Parteiräson und auf Aufforderung hin! In diesem Falle entstünde der Eindruck, dass die SPÖ für Mag. Lutter und die ÖBB einfach einen Platz im WIPUR-Aufsichtsrat frei gemacht hat und Dipl. Ing. Wiltschek dem Wunsch der SPÖ schlicht nachgekommen ist.
Selbstverständlich wäre der Vorgang eindeutig Chefsache und ohne Maßgabe des Bürgermeisters nicht denkbar, - und ebenso selbstverständlich bliebe in dem Fall die Frage offen, welches Kalkül hinter der Bestellung der ÖBB-Managerin steckt. Jedenfalls erweckt die Bestellung den Eindruck, dass der Bürgermeister Steinbichler und ÖBB in ihren Plänen zur Nachnutzung des Bahnhofsareals ähnliche Verbauungspläne verfolgen und weit enger zusammenarbeiten, als dies nach außen zu erkennen ist.
In der Sitzung des Gemeinderates erfolgte dazu jedenfalls keinerlei Wortmeldung!
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